Estlands Rolle in der Holz- und Digitalbranche: Einfluss und Innovationen für Deutschlands Bau und Industrie

Estnische Unternehmen bieten in allen Branchen die Qualität die europäische Unternehmen fordern und erwarten. Durch die besseren und innovativen Beschaffungsbedingungen auf dem nordischen Markt ergeben sich kostengünstigere und effizientere Rahmenbedingungen für deutsche Produktionen aus Estland. Die Anwendung einer Strategie zur Risikominderung, um mit einer zunehmend fragmentierten Welt umzugehen, macht wirtschaftlich Sinn. Präsidentin von der Leyen hat die Strategie erstmals in einer Rede im März 2023 vorgestellt. Seitdem haben sowohl die Biden-Regierung als auch die G7 die Idee aufgegriffen.

"Natürlich reicht ein Wort allein nicht aus, um die wahren Absichten einer gegebenen Strategie zu erfassen. Aber als Zusammenfassung der Motivation und zur Vorhersage dessen, was sie erreichen könnte, stellt die Risikominderung eine erhebliche Verbesserung der Begriffe Entkopplung und strategische Autonomie dar", schrieb das Wirtschaftsdenkfabrik Bruegel im Juni 2023.

Exuberant ist das Wort, das laut Birgit Linnamäe, Unternehmensberaterin und Wissenschaftlerin, von den Gesellschaftern und Geschäftsführern in ihrer Arbeit mit der Industrie in Deutschland immer häufiger zu hören ist. Die Kosten im Bereich Einkauf für die Industrie zwingen uns, andere innovative Lösungen für den Einkauf zu erarbeiten, sagen Geschäftsführer im Bereich Holzbearbeitung, Fenster-, Dach- und Fassadenbau, Modulbau, Digitalisierung und Softwarehäuser, Metallbearbeitung, Elektronikindustrie und Stadtwerke um nur einige Bereiche zu nennen.

Deutschland ist der fünftgrößte Exportpartner Estlands. Im Jahr 2022 betrug der Wert der nach Deutschland exportierten Waren 1,22 Milliarden Euro, und der Wert der aus Deutschland importierten Waren lag bei 2,5 Milliarden Euro. Trotz Pessimismus und Herausforderungen in der globalen Industrie und im Handel ist der Bereich der Digitalisierung einer, der über die Turbulenzen hinweg eine wachsende Nachfrage erfährt. Turbulente Zeiten sind immer auch eine Zeit, in der die Karten sozusagen neu verteilt werden. Mit Digitalisierung und Innovation einen Vorsprung zu schaffen, ist in der ruhigeren Auftragslage eine gute und kluge Verwendung der Zeit.

Am Beispiel der Holzindustrie kann die Innovation und Nachhaltigkeit einer Fertigung in Estland demonstriert werden. Ingenieurtechnischer Holzbau und Sonderlösungen aus Estland, bieten eine wirtschaftliche und effiziente Lösungen für Bauunternehmer und Holzbauunternehmen in ganz Europa. Die Branche verpflichtet sich dabei zur Nachhaltigkeit, zur Minimierung der Umweltauswirkungen und zur Bereitstellung moderner und einladender Holzbaulösungen. Dazu gehört Digitalisierung des Beschaffungsablaufes.

Die Fertigungsmöglichkeiten reichen von einzelnen Produkten wie Brettschichtholzbauteile über serienproduzierte Bauteile wie Dach-, Wand- oder Fassadenelementen bis hin zu Türen, Fenstern und Fertighäusern. In den letzten 10 Jahren war Estland der größte Exporteur von Holzhäusern in Europa und im weltweiten Vergleich liegt es hinter China und Kanada am vierten Platz.

Die Einhaltung europäischer Vorschriften wird dabei jeweils durch eine – bereits heute vorliegende – Zertifizierung gewährleistet. Durch die Verwendung von zertifiziertem Holz und Holzwerkstoffen und die Einhaltung europäischer Normung wird sichergestellt, dass in Estland hergestellte Bauprodukte in ganz Europa zum Einsatz kommen können. Die Branche legt großen Wert auf Kundenservice und persönliche Kundenbetreuung mit deutsch- oder englischsprachiger Kommunikation, um die kulturellen Besonderheiten der jeweiligen Kundenländern von den Geschäftsabläufen fernzuhalten.

Beispiele aus der Softwareindustrie zeigen das enorme Wachstumspotenzial der in Estland ansässigen Unternehmen und Digitalisierungskompetenzen. Der Wert der Dienstleistungsexporte aus Estland, einschließlich Telekommunikation-, IT- und Infodienstleistungen  betrug 2,3 Milliarden Euro in 2022, eine 23% Steigerung im Vergleich zu Vorjahr. Das deutsche Importvolumen von Telekommunikation-, IT- und Infodienstleistungen aus Estland betrug in 2022 160 Millionen Euro. Die Anzahl der aktiven estnischen Unternehmen im Bereich Information und Telekommunikation, die innerhalb der EU-27 exportieren, ist von 110 auf 150 im Jahr 2021 gestiegen, ein Anstieg von fast 30 Prozent und ein Zeichen für die Wettbewerbsfähigkeit estnischer Unternehmen (Statistikamt Estland).

Estlands Ziel ist es, bis 2030 Heimat für 500 Deep-Tech-Unternehmen zu sein. Derzeit sind es etwa 120, mit steigender Tendenz. Biotechnologie, Drohnentechnologie, autonomes Fahren, Wasserstoff-Technologien sind weitere Bereiche, die das genannte Ziel rechtfertigen.  

Estland, ein EU Mitglied und strategisch an der NATO-Ostgrenze gelegen, rückt angesichts des vollumfänglichens Angriffsfriegs von Russland in der Ukraine verstärkt in den Fokus deutscher Fragen bezüglich Attraktivität Auslandsinvestitionen. Die Zentralbank von Estland berichtete, dass der Wert der Direktinvestitionen in Estland in den ersten neun Monaten des letzten Jahres 2023 um etwa zwei Milliarden Euro gestiegen ist. Das ist mehr als im gesamten Jahr 2022.  Estland, das nördliche Republik Baltikums, südlich von Finnland, ist ein attraktiver Zielort für Investitionen in Technologie, Industrie sowie Startup.

Neben der kanadischen Magnetfabrik von Neo Performance Materials in Narva, wurden auch bedeutende Investitionen von zwei anderen G7-Ländern in Estland beschlossen: Die Investition von Japan‘s Marubeni in Skeleton und eine gemeinsame Investition von Corsica Sole aus Frankreich und Evecon aus Estland zum Bau des größten Batterieparks in Kontinentaleuropa in der Nähe von Tallinn. Auch die Entscheidung von Ericsson, ein neues 5G-Entwicklungs- und Produktionszentrum im Ülemiste-Distrikt von Tallinn zu errichten, gehört in diese Kategorie.

Was macht Estland zum Steuerchampion? Laut Tax Foundation zeichnet sich Estlands Steuercode 2023 durch vier Hauptmerkmale aus: Keine Körperschaftssteuer auf reinvestierte und einbehaltene Gewinne, eine flache Einkommenssteuer von 20 % (ab 2025 einheitlich 22 %), eine Grundsteuer nur auf den Landwert und ein Territorialsteuersystem, das ausländische Gewinne von inländischen Unternehmen von der Besteuerung befreit. Seit zehn Jahren in Folge führt Estland den OECD-Steuerwettbewerbsindex an, was 2023 bestätigt wurde. Das transparente und einfache estnische Steuersystem, das keine Körperschafts-, Kapital- oder Grundstückstransfersteuern erhebt, macht das Land attraktiv für Investitionen.

Die vielseitigen und dynamischen Produktionsstätten estnischer und baltischer Hersteller bieten Flexibilität, um unterschiedlichen Anforderungen zur Wertschöpfung gerecht zu werden. Dabei wandeln sich traditionelle Fertigungsunternehmen rasch zu Technologieunternehmen, die digitale Lösungen und KI nutzen, um ihreWettbewerbsfähigkeit zu steigern.

Oft sind Berater in unterstützender Funktion in grenzüberschreitenden Einkaufstransaktionen im industriellen Umfeld tätig, sei es auf Seiten des Käufers oder des Verkäufers, um eine reibungslose Kommunikation sicherzustellen und kulturelle Unterschiede und Praktiken zu nutzen. Berater mit lokaler Expertise oder Zugang zu lokalen Netzwerken können wertvolle Einblicke in Geschäftspraktiken, Vorschriften und Marktdynamik in bestimmten Regionen bieten. Dieses Wissen kann Verkäufern und Käufern bei informierten Entscheidungen in ihren Beschaffungsstrategien und Internationalisierung helfen.

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