Mit RAL-Gütezeichen zu neuen Wertschöpfungsketten (Teil 2/2)

Der Artikel Holzbau in Europa: Mit RAL-Gütezeichen zu neuen Wertschöpfungsketten (Teil1/2) hat die Bedeutung der RAL-Gütesicherung im Hinblick auf Wertschöpfungsketten und Lieferwege beleuchtet. Es wurde erläutert, inwiefern die Internationalisierung der Lieferketten von Bedeutung ist und warum Einheitlichkeit die internationale Zusammenarbeit reibungsloser gestaltet.

In diesem Artikel (Teil 2/2) erklären wir im Detail, wie die Vorgehensweise mit der RAL-Gütesicherung funktioniert, welche Schritte erforderlich sind, was die Überwachungsstellen tun, und warum nicht alle Zertifizierungen für Unternehmer komplex, schwierig oder teuer sind. Dies sollte den Marktteilnehmern die Mitgliedschaft in einer RAL-Gütegemeinschaft näherbringen und den Prozess zugänglicher und anwenderfreundlicher machen.

Die Qualitätssicherung im deutschen Holzfertigbau hat eine lange Tradition. Bereits in den 60er Jahren begann die bauaufsichtlich geforderte Überwachung der vorgefertigten Bauteile im Werk, die später den Weg für die freiwillige Überwachung nach dem RAL-Gütezeichen Holzhausbau ebnete. Um die Qualität der Fertighäuser und die damit verbundenen Kontrollprozesse sicherzustellen, wurde 1961 die Bundes-Gütegemeinschaft Montagebau und Fertighäuser (BMF) gegründet. Seit 1972 ist sie eine vom RAL Deutsches Institut für Gütesicherung und Kennzeichnung e.V. anerkannte Gütegemeinschaft.

Die RAL-Gütezeichen, die die BMF an ihre Mitglieder vergibt, stehen für Produkte und Dienstleistungen, die klar definierte Qualitätskriterien erfüllen. Diese Kriterien sind in den RAL-Güte- und Prüfbestimmungen fest verankert und für alle Interessierten öffentlich zugänglich. Die RAL-Gütezeichen bieten ein hohes Maß an Sicherheit für Endverbraucher und Bauherren und haben sich als Vergabekriterium bei Ausschreibungen oder als Grundlage für Finanzierungen etabliert.

Durch die regelmäßige Fremdüberwachung durch die BMFcert GmbH, eine Tochtergesellschaft der BMF, werden sowohl bauaufsichtliche als auch privatrechtliche Anforderungen überprüft. Zum Beispiel kann die BMFcert sicherstellen, dass ein in Estland hergestelltes Holzmodul den deutschen baurechtlichen Vorschriften entspricht, bevor es für ein Bauprojekt in Deutschland zugelassen wird. Die BMFcert ist eine in Deutschland und Europa anerkannte Überwachungs- und Zertifizierungsstelle, die Fremdüberwachungen in Deutschland und mehreren europäischen Ländern durchführt. Neben den Leistungen nach nationalem Baurecht überprüft die BMFcert auch Europäische Technische Zulassungen (ETAs) von Bausätzen für Holzgebäude, die visuelle Sortierung von Bauholz und Nagelplattenbinder.

RAL-Gütezeichen „Holzhausbau“

Auf freiwilliger Basis haben Hersteller in ganz Europa zusätzlich zum Ü-Zeichen (ein Artikel darüber ist hier)  die Möglichkeit, das RAL-Gütezeichen „Holzhausbau“ (RAL-GZ 422) von der BMF zu erhalten. Die Güteprüfung in der Produktionsstätte wird üblicherweise halbjährlich durchgeführt, wobei das gesamte Holzhaus im Rohbauzustand mit seinen einzelnen Elementen nach festgelegten Kriterien bewertet wird. Diese Elemente können sowohl ein- als auch beidseitig beplankt sein. Was bedeutet beplankt? Es heisst, dass diese Bauelemente entweder auf einer oder auf beiden Seiten mit einer Schicht, wie zum Beispiel Platten oder Verkleidung, abgedeckt werden können. Wenn sieeinseitig beplankt sind, ist nur eine Seite bedeckt. Beidseitig beplankt bedeutet, dass beide Seiten des Elements abgedeckt sind.

Gängige Bauarten wie der Holztafelbau/Holzrahmenbau, Holzskelettbau, Massivholzbau sowie die Modulbauweise sind Teil dieser Gütesicherung. Neben den grundsätzlichen Anforderungen wie Statik, Wärme- und Feuchteschutz sowie Brand- und Schallschutz werden auch der konstruktive Holzschutz, die Luftdichtheit und die Belüftung bewertet. Zusätzlich zur Werksüberwachung wird die Baustellenmontage einmal jährlich stichprobenartig überprüft.

Handbuch des Qualitätsmanagements

Im Wesentlichen werden bei den Überwachungen die Vorgaben aus den bauaufsichtlichen Nachweisen mit der Umsetzung in den Werkplänen und Zeichnungen des Herstellers verglichen. Diese müssen plausibel nachvollziehbar sein und zur tatsächlichen Ausführung der einzelnen Elemente passen. Wie beim Ü-Zeichen wird auch bei dieser Überwachung großer Wert auf die dokumentierte Eigenüberwachung der Herstellung sowie eine Wareneingangskontrolle gelegt. Anders gesagt, dient die Zertifizierung als Grundlage für das Handbuch des Qualitätsmanagements. Häufig werden externe Berater involviert, um dieses maßgebliche, interne Qualitätsbenchmark zu erreichen und die vorgegebenen Anweisungen der Prozesse in klaren, verständlichen Schritten umzusetzen. 

Auch Zimmereien und Holzbauunternehmen, die keine eigenen Holzbauelemente vorfertigen oder diese gerne von anderen Herstellern zukaufen möchten, haben die Möglichkeit, das Gütezeichen „Holzhausbau“ zu erhalten. Es muss jedoch sichergestellt werden, dass diese Firmen ausschließlich Elemente bei gütegesicherten Herstellern zukaufen. Dies kann sowohl mit einer Urkunde nach dem RAL-Gütezeichen „Holzhausbau“ als auch „Holzrohelementherstellung“ nachgewiesen werden.

RAL-Gütezeichen „Holzrohelementherstellung“ ermöglicht flexible Wertschöpfungsketten

Um die Anforderungen des RAL-Gütezeichens „Holzhausbau“ und damit die erhöhten Qualitätsansprüche zu erfüllen, können Hersteller, die sich auf ein- oder beidseitig beplankte Holztafelelemente spezialisiert haben, ihre Elemente anderen Gütezeichennutzern anbieten. Dieses Modell wird aktuell häufig von Abbund-Betrieben genutzt, die flexibel auf Kapazitätsengpässe anderer Hersteller reagieren können. Auch für ausländische Hersteller ist dieses System interessant. Deutsche Firmen können im Mitgliederverzeichnis der BMF nach geeigneten Partnern suchen, die sie bei der Produktion unterstützen. Ebenso können estnische Firmen im Mitgliederverzeichnis nach potenziellen Abnehmern in der Wertschöpfungskette suchen. Dies erfordert eine Offenheit für Internationalisierung und neue Beschaffungswege, was sowohl für Unternehmen in Deutschland als auch in Estland von Bedeutung ist.

Teil 2 der Artikel-Serie knüpft direkt an die Grundlagen aus Teil 1 an, in dem die Bedeutung der Internationalisierung von Lieferketten und der Einhaltung einheitlicher Standards im europäischen Holzbau untersucht wurde. Beide Artikel zeigen, dass die RAL-Gütesicherung eine zentrale Rolle dabei spielt, neue Partnerschaften über Ländergrenzen hinweg zu ermöglichen, die Qualität zu sichern und dadurch die Wettbewerbsfähigkeit in einem zunehmend globalisierten Markt zu stärken.

In Zukunft wird die fortgesetzte Zusammenarbeit zwischen Unternehmen in Deutschland und Estland, unterstützt durch standardisierte Prozesse wie das RAL-Gütezeichen, den Aufbau von Wertschöpfungsketten im Bereich Bauteileherstellung, Holzmodule, serielles Sanieren und anderen Bereichen fördern. Die RAL-Gütesicherung ermöglicht es, nicht nur die Qualität sicherzustellen, sondern auch die Marktchancen zu erweitern und Vertrauen bei Verbrauchern und Bauherren entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu gewinnen.


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