Zertifizierung als Schlüssel zum Erfolg: Wie estnische Holzhausproduzenten den deutschen Markt erobern können

Die Holzbautradition in Estland folgt den internationalen Bestrebungen nach einer wirtschaftlich optimierten Produktion. Dabei steht die Vorfertigung von Holztafelelementen bis hin zu Modulen im Vordergrund. Die Hersteller orientieren sich an europäischen Standards und sind dabei qualitativ wettbewerbsfähig.

Erstaunlicherweise haben die estnischen Hersteller in den Wertschöpfungsketten auf dem deutschen Markt nur wenig Gewicht. Nur wenige wagen den Schritt auf diesen lukrativen Markt. Zu groß scheinen die Hürden deutscher Regularien, wie zum Beispiel bauaufsichtliche Bestimmungen und notwendige Zertifizierungen.

Die Zertifizierungen werden in Deutschland von unabhängigen Institutionen ausgestellt. Nach erfolgreicher Zertifizierung wird einem Hersteller die Erlaubnis erteilt, seine Produkte entsprechend zu kennzeichnen und in Verkehr zu bringen. Grundlage für die Kennzeichnung sind dokumentierte Einkaufs-, Produktions- und Lieferabläufe, die gegenüber der zertifizierenden Stelle belegt werden. Dem Kunden gegenüber wird durch die Kennzeichnung bestätigt, dass die Produkte die hinterlegten Produkteigenschaften aufweisen und die Produktionsbedingungen den Vorgaben der unabhängigen Institution entsprechen. Dafür steht die Institution mit ihrer Expertise und sichert sich durch regelmäßige Kontrollen des Herstellers ab. 

Die Zertifizierung kann beim Holzhaushersteller als Werkzeug zur Strukturierung der betriebsinternen Abläufe und zur Sicherstellung der einheitlichen Qualität verstanden werden. Welches Zertifikat notwendig und sinnvoll ist, richtet sich nach dem jeweiligen Hersteller und seinen Produkten. Deutschland hat potenzial, ein viel größerer strategischer Exportmarkt für den estnischen Holzhaussektor und die Wirtschaft im Allgemeinen sein, wenn die Produzenten es nur wünschen. 

Nicht alle Zertifizierungen führen zu viel Mehrarbeit. Die Prozesse, die nach dem deutschen Ü-Zeichen oder dem RAL Gütezeichen Holzhausbau erforderlich sind, sollten für ein Unternehmen ohnehin als notwendig erachtet werden. Ohne diese ist es nicht möglich, die Unternehmensprozesse qualitativ zu steuern. Die Zertifizierung ist kein aufgeblasenes Qualitätsmonster wie zum Beispiel ISO 9001. Unternehmer haben Angst vor der Zertifizierung. Eigentlich sollte der Unternehmer vor dem Eintritt in den Auslandsmarkt klären, welche Zertifikate benötigt werden, statt zu warten, was der Kunde eines Tages fordert. Oder noch schlimmer, was die Baubehörde oder Regulatoren nach der Errichtung des Objekts oder nach der Lieferung der Ware nachträglich fordern. 

Es ist bei den Produzenten ein unterschiedlicher Ansatz in Deutschland und Estland festzustellen. Während in Deutschland und anderen sogenannten alten europäischen Ländern die Zertifizierung für Produktionsunternehmen üblicherweise sofort geplant wird, wenn beschlossen wird, auf einen neuen Auslandsmarkt zu gehen, neigen estnische, lettische und litauische Unternehmen häufig dazu, sich nach dem zu richten, was der Käufer von ihnen erwartet. Wenn der Kunde sagt, dass er zertifizierte Ware möchte, dann wird zertifiziert. Wenn der Kunde das aus Unwissenheit nicht verlangt, dann wird nicht zertifiziert. Die Verantwortung zur Einhaltung von diesen Vorgaben bleibt dabei stets beim Hersteller.

Es kann sein, dass sie heute einen Auftrag erhalten und dann plötzlich das Zertifikat notwendig wird; dann wendet man sich schnell an den Zertifizierer: "Könnt ihr schnell vorbeikommen?" Aber die Zertifizierer planen ihre Arbeit ca. 3-4 Monate im Voraus und dann kann es für den Produzenten bereits zu spät sein, den Kundenwunsch durch eine Zertifizierung zu erfüllen.

Das RAL Gütezeichen und das Ü-Zeichen sind beide Kennzeichnungen, die in Deutschland verwendet werden, um die Qualität und Konformität von Produkten und Bauteilen, einschließlich im Bereich des Holzhausbaus und geschlossener Bauteile, zu zertifizieren. Beide Zeichen spielen eine wichtige Rolle in der Baubranche, insbesondere bei der Gewährleistung der Sicherheit, Zuverlässigkeit und Qualität von Baumaterialien und Bauverfahren.

Die Qualitätssicherung im deutschen Holzfertigbau hat eine jahrzehntelange Tradition. Schon in den 60er Jahren begann die bauaufsichtlich geforderte Überwachung der vorgefertigten Bauteile im Werk, die den Weg für die privatrechtliche und somit freiwillige Überwachung nach RAL Gütezeichen Holzhausbau ebnete. Um die Qualität der Fertighäuser und die damit verbundenen Kontrollprozesse, die für einen möglichst hohen Vorfertigungsgrad notwendig sind, sicherzustellen, wurde 1961 die Bundes-Gütegemeinschaft Montagebau und Fertighäuser (BMF) gegründet. Seit 1972 ist sie eine vom RAL Deutsches Institut für Gütesicherung und Kennzeichnung e.V. anerkannte Gütegemeinschaft. Die RAL Gütezeichen und Ü-Zeichen (Übereinstimmungszeichen), die die BMF an ihre Mitglieder verleiht, stehen für Produkte und Dienstleistungen, die klar definierte Qualitätskriterien erfüllen. In den RAL Güte- und Prüfbestimmungen und Ü-Zeichen sind diese Kriterien fest verankert und für alle Interessenten öffentlich zugänglich. RAL Gütezeichen und Ü-Zeichen bieten ein hohes Maß an Sicherheit für Endverbraucher und Bauherren. Sie haben sich in den letzten Jahren als Vergabekriterium bei Ausschreibungen oder als Grundlage für Finanzierungen etabliert.  

Was ist der Unterschied zwischen dem RAL Gütezeichen Holzhausbau und dem Ü-Zeichen auf dem deutschen Holzhausmarkt?

Der Hauptunterschied zwischen dem RAL Gütezeichen Holzhausbau und dem Ü-Zeichen ist, dass das Ü-Zeichen verpflichtend und das RAL Gütezeichen freiwillig ist. Trotz der freiwilligen Zertifizierung wird dieses RAL Gütezeichen von Herstellern angestrebt, um die besondere Qualität ihrer Produkte oder Leistungen zu unterstreichen.

Das Ü-Zeichen ist für Produkte relevant, die spezifischen nationalen Vorschriften unterliegen und nicht vollständig durch europäische Normen oder ein EAD abgedeckt sind.  (die Erstellung einer ETA auf Grundlage eines EAD für Bausätze für Gebäude aus Holz wird bereits jetzt bei vielen estnischen Produzenten als mögliche Zertifizierung angewandt). Das Ü-Zeichen ist ein gesetzlich vorgeschriebenes Kennzeichen für bestimmte Bauprodukte in Deutschland, die in den Geltungsbereich der Landesbauordnungen fallen. Es bescheinigt, dass ein Produkt oder Bauteil den technischen Regeln entspricht und die erforderlichen Leistungsmerkmale aufweist. Produkte, die das Ü-Zeichen tragen, müssen eine bauaufsichtliche Zulassung oder Prüfung durchlaufen haben, die bestätigt, dass sie den relevanten deutschen Baunormen und -vorschriften entsprechen. Das Hauptziel des Ü-Zeichens ist die Gewährleistung der Sicherheit und Eignung von Bauprodukten für den vorgesehenen Verwendungszweck im Bauwesen. 

Die RAL Gütezeichen, die die BMF an ihre Mitglieder verleiht, stehen für Produkte und Dienstleistungen, die klar definierte Qualitätskriterien erfüllen. Diese Kriterien beinhalten oft Aspekte wie Materialqualität, Produktionsprozesse, Funktionalität und Langlebigkeit und gehen über die gesetzlichen Anforderungen hinaus. Die Zertifizierung mit dem RAL Gütezeichen ist freiwillig und wird von Herstellern und Dienstleistern angestrebt, um die besondere Qualität ihrer Produkte oder Leistungen zu unterstreichen. Die Vergabe des Zeichens basiert auf umfassenden Kriterien, die regelmäßig überprüft und aktualisiert werden.  

Die Zertifizierung ist ein entscheidendes Instrument für estnische Holzhaus- und Elementhersteller, um auf dem deutschen Markt Fuß zu fassen. Sie dient nicht nur der Sicherstellung und Nachweis der Produktqualität gegenüber Kunden und Behörden, sondern auch der internen Prozessoptimierung. Die unterschiedlichen Herangehensweisen in Bezug auf die Zertifizierung in Estland und Deutschland unterstreichen die Bedeutung, die deutsche Kunden und die Regulierungsbehörden der Zertifizierung beimessen. Die RAL Güterzeichen Holzhausbau und Ü-Zeichen sind dabei wichtige Werkzeuge, die estnischen Unternehmen helfen können, ihre Prozesse zu strukturieren und ihre Produkte auf dem deutschen Markt erfolgreich zu platzieren. Estnische Hersteller sollten daher proaktiv die notwendigen Zertifizierungen anstreben, um Marktzugangsbarrieren zu überwinden und das volle Potenzial ihrer Exportmöglichkeiten nach Deutschland auszuschöpfen.

Mehr Info:
Birgit Linnamäe
+3725128000
bl@birgitlinnamae.com

BMFcert GmbH | Bundes-Gütegemeinschaft Montagebau und Fertighäuser (BMF) e.V
https://www.bmfcert.de

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